Kommentar: Neuköllner Grüne mit SPD gegen die Bürger

BVV beschliesst Rodung am Weigandufer

 

Ich stehe immer noch unter dem Eindruck der BVV Sitzung gestern im Rathaus Neukölln. Das, was sich die Neuköllner Grünen bei den Auseinandersetzungen um das Weigandufer geleistet haben ist beschämend. Keiner der auf der Besucherbühne sitzenden Gäste wird – zumindest auf Bezirksebene - wohl je wieder sein Kreuz bei den Grünen machen. Und ich werde dafür sorgen, dass es noch ein paar mehr werden.

 Wie die Grünen gestern den Bürgerwillen abservierten das war jedenfalls keine Glanzleistung. Eine Diskussion mit dem Bürger ist bei den Grünen unerwünscht. Während Die Linken, FDP, CDU und AFD eine Wiederaufnahme der Planung unter Beteiligung der Anwohner befürworteten, stimmten die SPD zusammen mit den Grünen unbeirrt und von keinerlei Zweifel geplagt in alter Blesing Mamier (ehemaliger SPD-Bausadtrat) gegen die Anwohner.

Es ging um Sanierungsmaßnahmen am Weigandufer. Es ging um Grünflächenverlust, Versiegelung, Einhalung des Mobilitätsgesetzes und um Erhaltung des Lebensraumes geschützter Vogelarten. Ob ein 340m langer Grünsteifen entlang des Neuköllner Schiffahrtskanals gerodet werden soll, damit Regenwasser-Versickerungsgruben angelegt und der Uferweg barrierefrei gestaltet werden soll.  Bürger aus den Initiativen 'Weiganduferretten" und "Kiezmiezen" sowie aus dem Bürgerbeiteiligugsgremium hatten einen eigenen Sanierungsvorschlag für eine behutsame Neugestaltung des Uferweges, den sie gerne diskutiert hätten. 

 Im Gegenvorschlag der AnwohnerInnen war ebenfalls Barrierefreiheit und moderne Regenwasser­bewirtschaftung vorgesehen. Im Unterschied zur Planung des Bezirksamts gab es beim AnwohnerInnenvorschlag aber keinen Grünverlust sondern einen Hinzugewinn von Grünfläche und der Vorschlag kam ohne eine Rodung der bestehenden Gehölze aus. Die Gehölze bilden derzeit den Lebensraum von diversen nach EU Richtlinie Vogelarten wie den Sperling, der in Hamburg bereits zu den bedrohten Arten zählt. Dieser Lebensraum solle den Vögeln erhalten werden.

 Doch eine Streitkultur – früher das Markenzeichen der Grünen – scheint in Neukölln nicht gefragt zu sein. Der Grüne Bezirksabgeordnete Herr Hoffmann präsentiert sich als der einzige Grüne mit fachlicher Expertise. Jedenfalls plustert  er sich am laufenden Meter in auf und suggeriert, er wäre der einzige, der sachlich fundiert über das Thema reden könne. Zu diskutieren braucht er nicht, denn er weiß schon alles. Und die anderen Grünen rennen diesem Heiland in blinder Treue hinterher und klappen die Ohren zu gegenüber feindlichen Einflüsterungen. Ja, wenn es nur immer eine Wahrheit gäbe, dann wäre es alles viel einfacher in der Welt.

 Anstatt sich mit uns Kritikern argumentativ auseinanderzusetzen, zieht sich Herr Hoffmann lieber zurück und schreibt an einem Positionspapier. Warum er für das Papier volle 10 Tage braucht - ein Rätsel, denn es enthält nichts weiter als all die Phrasen, mit denen wir Bürger schon seit Monaten abgespeist werden. Keine unserer konstruktiven Anregungen wird von Herrn Hoffmann aufgegriffen. Er diskutiert hier mit sich selber. Dieses dürftige Positionspapier präsentiert er uns dann zu Beginn der BVV. Eine Diskussion – unmöglich! Was soll das? Ist das Streitkultur?

 Wie DIESE Grünen eine glaubwürdige Politik für eine Bürgerbeteiligung machen wollen, ist mir schleierhaft. Nicht ein einziges Mal haben sich die Neuköllner Grünen bei der Auseinandersetzung um das Weigandufer um die Argumente der Bürger geschert, nicht einmal gab es ein Interesse geschweige denn eine Unterstützung in diesem katastrophalen Beteiligungsprozess. Der selbständig denkende und partizipierende Bürger kommt bei diesen Grünen nicht vor. Die Fraktion der Grünen strahlt eine technokratische Bonzenhaftigkeit aus, dass die Abgrenzung zu den Hardlinern in der eher rechts ausgerichteten SPD wie Blesing schwer fällt.

 Die Grünen freuen sich über die derzeitige Lösung, weil nun nach der Rodung ca. 300 Sträucher wieder gepflanzt werden. Die Vorherige Planung wäre inakzeptabel gewesen. Haben die Neuköllner Grünen vergessen, dass sie die vorherige Lösung auch akzeptiert und propagiert und vor den Bürgern schöngeredet hatten? Warum haben Sie nicht schon damals Sträucher gefordert? Wo waren die Grünen in dem ganzen Planungsprozess? Tatsächlich hat doch die gesamte Planung das SGA und die beauftragten Privatfirmen vollzogen und die Grünen sind einfach nur unkritisch jedem Planungsvorschlag hinterhergedackelt.

 Wie ist das zu erklären? Sind die Grünen Lobbyisten für am Sanierungsprozess beteiligten Firmen? Oder für die BSG? Oder sind einzelne Grüne Meinungsführer abhängig von Projekt­finanzierungen, die über die BSG vergeben werden? Oder fließen Sanierungsgelder von den Firmen als Spenden in die Bezirkskasse der Neuköllner Grünen?

 

Viele sind sehr wütend. 

Andreas Knopp

 

 

 

 

 

 

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Kommentare: 10
  • #1

    Steiner -Tomic Regula (Donnerstag, 26 September 2019 18:50)

    Sie haben es auf den Punkt gebracht. Ich war entsetzt über die Redebeiträge des Neuköllner Bürgermeisters und Herrn Hofmann. Das war ein Trauerspiel im Neuköllner Rathaus!

  • #2

    B. Szczepanski (Freitag, 27 September 2019 12:58)

    Ich hatte gehofft, nun endlich mal die sachlich und ökologisch fundierten Argumente auf Ihrer Webseite zu finden, die ich bisher vermisse, anstelle des stereotypen Vorwurfs der "Rodung" des Weigandufers - was nachweislich unwahr ist.
    Eine Frage darf man ja immer stellen, das ist nicht strafbar: "Oder fließen Sanierungsgelder von den Firmen als Spenden in die Bezirkskasse der Neuköllner Grünen?" Jede*weiß, dass das völlig absurd und unwahr ist, aber wenn einem die Sachargumente fehlen, muss man wohl zur Verleumdung des Widersachers greifen - ein bewährtes Mittel, wenn auch nicht für eine Bürger*inneninitiative, dachte ich bisher.

  • #3

    Andreas Knopp (Freitag, 27 September 2019 13:54)

    Sehr geehrter Herr Szczepanski
    Danke für Ihren Kommentar. Ich muß ja zugeben, dass ich mir hier meine erste Wut von der Seele schrieb. Trotzdem: Als Fraktionsvorsitzender der Neuköllner Grünen werden Sie woh wissen, dass ich Euch Neuköllner Grünen angeboten habe, sachlich und ökologisch fundierte Argumente in einem gemeinsamen Treffen auszutauschen. Darauf habt ihr nicht reagiert. Und jetzt - nachdem Ihr die Rodung in der BVV unwiederruflich abgesegnet habt - kommt ihr und fragt nach sachlich und ökologisch fundierten Argumenten auf meiner bescheidenen Webseite? Das ist lustig.
    Gestern im Ausschuß habe ich Euch ein Friedensangebot gemacht: Wir könnten zusammen verhindern, dass die Gebäudebrüter (Haussperling, Amseln u.a.) am Weigandufer durch die Sanierung ihren Lebemsraum verlieren und untergehen. Ihr habt aber gezeigt, dass Euch der Schutz der Gebäudebrüter durch die Europäische Vogelschutzrichtlinie und das Bundesnaturschutzgesetz ebenfalls schnuppe sind.
    Ich kann mir Euer Verhalten wirklich nicht erklären.
    Keiner hier versteht, was bei euch vorgeht.

  • #4

    Ruth Luschnat (Freitag, 27 September 2019 17:26)

    Ich bin erst seit ein paar Monaten dabei, aber ich muss sagen, dass es erschreckend ist, wie wenig das Know How, dass es im Artenschutz und im Klimaschutz gibt, von den Verantwortlichen an sich heran gelassen wird.
    Die Mulde in dem schon sanierten Bereich sieht sehr sehr stark danach aus, dass die nur da ist, weil der Plattenweg "Starkregen darein abfließen lassen soll.. Es ist super deutlich, dass weder die Vogelkolonien, die eingehen müssen, noch auch die hohen Gehölze, die zusammen mit Bäumen im Umweltatlas noch 2015 als höchste erhaltenswert weil abkühlend wirken, als solches gewürdigt werden.Mulden können nicht so abkühlen,
    dazu zu behaupten, die Wasserfläche täte das mehr ist Veräppelung pur und wurde allen Ernstes in der BVV angebracht als "Fachwissen", dabei kann jeder Mensch aus Erfahrung des Sommers sagen, dass es sich dort total aufheitzt und es ist durch eine Studie belegt, dass von den Sommerhitzen 2018 mehr alte Menschen gestorben sind. Wenn nun gesagt würde: offen gesagt, wir habe das Geld nicht, das Grün zu pflegen und zu giessen, dann könnte Mensch sagen: Klimanotstand Berlin das gehört in die Haushaltsberatungen des Senats. Aber so ist es die reine Anwohnerverhohnepiepelung, Ich hätte mehr erwaretet von den Grünen, aber Frau Pop rennt ja auch dem Benko mit seinen Beton Träumen am Hermannplatz hinterher, auch das ein Öko Alptraum für den die Grünen scheinbar stehen wollen. Warum dann sie wählen ?

    sauer !

    RL

  • #5

    Raphaela R. (Freitag, 27 September 2019 23:58)

    Sehr geehrter Hr. Szczepanski,

    ich wundere mich vielmehr, dass es die BürgerInnen sein sollen, die (mehr) sachliche und ökologisch fundierte Argumente liefern sollen für ihren Wunsch, wie ihr Lebensumfeld aussehen soll. Politik soll im Sinne der Menschen sein, die dort leben. Nachzulesen auch online, wie hier im Juraforum, Definition der Demokratie: Die Prozeduren zur Entscheidungsfindung sind entweder direkter Art (in Form von Referenden) oder indirekter Art (in Form der Wahl eines Parlaments, welches das Volks vertritt). In diesem Fall also die AnwohnerInnen des Weigandufers. Was unser Wunsch ist, hat die Bürgerbeteiligung in zahlreichen Treffen deutlich gemacht. Dass sie damit die Wünsche vieler anderer AnwohnerInnen vertreten, hat die Sammlung Hunderter von Unterschriften in wenigen Tagen bewiesen. Nun stehen wir offiziell knapp achthundert Menschen, von denen jede/r FreundInnen hat, die es versäumt haben, sich zu beteiligen, die aber trotzdem gerne im Grünen spazieren gehen wollen, einem Ausschuss von ein paar Händen voll Abgeordneten gegenüber. Die BürgerInnen ausgestattet mit einem konkreten Vorschlag, wie die Sanierung aussehen soll, die ihre Wünsche mit einschließt. Die PolitikerInnen nur ausgestattet mit einem starren Plan und einem verschlossenen Blick. Was mehr kann Politik denn noch erwarten, wenn sie demokratisch sein will? Die Abgeordneten, die hier gegen unsere Anliegen abstimmen, sind in diesem Fall an der Reihe neue sachliche und ökologische Argumente zu bringen, die uns überzeugen! So funktioniert eine Diskussion, die Prozedur der Entscheidungsfindung: Austausch von Argumenten, bis ein Konsens gefunden ist. Das bedeutet eben nicht über uns hinweg zu entscheiden, als ob wir unmündige Menschen wären, deren Urteil nicht ernst zu nehmen ist. Über Frust in solchen Kommentaren wie in diesen würde ein empathischer Mensch sich denn auch nicht wundern, selbst, wenn er gegen einen selbst gerichtet ist. Auch Empathie wäre von einer Person in einer Verantwortungsrolle eigentlich zu erwarten. Davon sehen und hören kann man nichts, nicht bei ihnen, nicht bei anderen im Ausschuss, nicht im Bundestag, nicht in globaler Politik. Sich zurückzunehmen, um offen für die Wünsche der Anderen sein zu können, eine Aufgabe, die sich viele gesellschaftliche Rollen teilen - Eltern, Ärzte, PolitkerInnen uva. - scheint in der heutigen Politik gegenüber der Frage des Sieges und der Machterhaltung auf der Strecke zu bleiben. Sonst hätte man miteinander geredet. Auch wenn man voneinander genervt wäre. Wenn man sich wiederholt hätte. Wenn man alles noch einmal neu hätte machen müssen. Es wäre gesprochen worden. Und dann wäre ernsthaft was verändert worden und nächsten Sommer würde es immer noch zwitschern und blühen.

    Die Art wie hier mit den Menschen umgegangen wurde, schlägt ihre Wurzeln. Das tut sie schon lange. Sonst müssten nicht SchülerInnen für unsere Wünsche ihre Bildungszeit opfern, während die VolksvertreterInnen Mogelklimapakete beschließen. Sonst hätten rechte Parteien keinen derartigen Zulauf wie in den letzten Jahren.

  • #6

    Raphaela R. (Samstag, 28 September 2019 00:01)

    Noch einmal an Hr. Szczepanski:

    Was ist denn unwahr an Rodungen, wenn gerodet wird? Unwahr, weil ein paar Bäume stehen bleiben? Oder unwahr, weil, nachdem zuerst Null Büsche geplant wurden, jetzt ein knapp einhundert nochwas Zuchtbüschchen mit einer maximalen Höhe von (ich meine) 1 Meter angepflanzt werden, als Entgegenkommen der PolitikerInnen?

  • #7

    Ruth Luschnat (Samstag, 28 September 2019 09:44)

    Die armen FFF werden noch ein hartes Erwachen haben, wenn sie merken, dass die Grünen sie auch nicht retten, denn die haben dieselbe Konsumhaltung s- illusion in Bezug zur Natur, wie alle neoliberal verirrten Parteien:
    Es funktioniert einfach mit der Natur, wie mit Objekten umzugehen die austauschbar sind: es geht nicht,, lange gewachsene Gehölze zu ersetzen durch sog. "Ersatzpflanzungen", die einerseits geklaut werden und andererseits weder gleich die CO2 r´Reduktion, noch auch die Schattenwirkung, aber ganz sicher nicht die Rettung der jetzt noch dort lebenden Sperlingskolonien, die auch in den schon nach gepflanzten Büschen keinen Schutz finden. Genauso wenig, wie mensch gerodeten Regen wald einfach wieder nachpflanzen kann, es dauert sehr lange, um die gewachsene Qualität und ihre Funktionen wieder entstehen zu lassen.

    Aber die Grünen sind genauso blind für natürliche Bezüge geworden und nur noch dem Geld verpflichtet, wie alle anderen Parteien. Wahrscheinlich muss eine FFF Partei gegründet werden. Traurig !

  • #8

    Petra Seifert (Samstag, 28 September 2019 15:00)

    Wie traurig, dass es einigen noch immer nicht bewusst ist - wie erschreckend , dass diese Menschen mich vertreten - dass es lokal und global nicht nur gilt, Pflanzen und Tiere zu retten (was schon Grund genug sein sollte), sondern letztendlich damit auch die Menschheit.

  • #9

    martin richard (Samstag, 28 September 2019 19:13)

    .... seit eineinhalb Jahren verfolge ich diesen Prozess und ich finde es wirklich abgründig, als klassischer grünwahler bin ich tief enttäuscht, das grün ist ab, zurück bleibt braun-gelb, schaurig...

  • #10

    Rita (Montag, 07 Oktober 2019 22:26)

    der Umgang mil unserer Stadtnatur in Berlin ist seit Jahren völlig desaströs, vor allem wenn es um die Umgestaltung von Uferbereichen, Parkanlagen, generell Grünflächen in Berlin geht. Weder das Gartenbauamt, noch die verantwortlichen Architekten, Projektleiter etc., beziehen in ihren Planungen unsere Wildvögel und die in der Nähe lebenden Gebäudebrüter und deren Schutzgehölze mit ein. Um so erschreckender, dass ausgerechnet die gewählten Volksvertreter, die sich "Grün" nennen, solch einer Komplettrodung zustimmen! Haben die verehrten Genossen vergessen, wofür sie stehen sollten? (gestanden haben) und warum wir genau deshalb die Grünen bisher favorisierten? Muss da mal ordentlich durchgewässert werden, damit die verholzten grünen Wurzeln endlich neue Triebe schlagen? Ich kann nur empfehlen: Macht Platz für die jungen Menschen in Eurer Partei, die ehrlich etwas verändern wollen, die noch optimistisch für das wirklich Grüne einstehen! Gibt es überhaupt noch Menschen in Eurer Partei, (Ihr steht zum 2. Mal nicht mehr auf meiner Agenda - also momentan nicht mehr meine Partei) die sich - ohne Angst vor Repressalien aus den eigenen Reihen, für die Umwelt und für engagierte Bürgerinitiativen einsetzen? Ist das politisch nicht gewollt? Entsetzt und bitter enttäuscht von Eurer Politik! Und bitte: kommt mir jetzt nich mit dem Gegenargument, ob mir entgangen ist, was ihr zzt. für ein Megaprojektet für die Radfahrer*innen umsetzt! Darum geht es nicht! Das ist mir als Radfahrerin nicht entgangen. Es geht um die Umsetzung des Artenschutzes im Einklang mit Biodiversität, Dem Schutz des Zusammenspiels zwischen Lebensraum und seinen tierischen und pflanzlichen Bewohnern.
    @SPD: von Ihnen habe ich eh nichts anderes erwartet, In meinen Augen sind sie weder sozial noch grün.